Passend zum "Tag des Deutschen Bieres" ein Besuch in der Namibia-Brauerei, wo eines der besten Biere der Welt gebraut wird: Windhoek Lager, das auch in Deutschland viele Preise abräumt.
Von Sebastian Geisler
Reinheitsgebot ist das bekannteste deutsche Wort Namibias. Heute hat dieses erste Lebensmittelgesetz der Welt Geburtstag. Ausgerechnet im fernen Afrika wird das besonders zelebriert. In der einstigen Kolonie Deutsch-Südwest brauen sie danach eines der besten Biere der Welt.
Windhoek Lager, benannt nach der Landeshauptstadt. Wobei Braumeister Christian Müller – deutschstämmiger Weißafrikaner – da natürlich sofort einhakt: „Natürlich nach dem Reinheitsgebot!“, sagt er entschieden. Und von „noch“ könne wohl keine Rede sein, deutsches Bier gehöre unverrückbar zur Kultur Namibias, stellt er klar. Sein Stolz kommt nicht von ungefähr: „Windhoek Lager“ gilt als eines der besten Biere überhaupt. Die Bestätigung dafür bekommen die afrikanischen Brauer regelmäßig aus Deutschland - beim Bierwettbewerb der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG). Windhoek Lager hat dort seit 2005 bereits acht Goldmedaillen geholt. Das kann sich sehen lassen. Der gebürtige Namibier Christian Müller arbeitet daran, dass diese Serie weitergeht. Als junger Mann wurde er in Deutschland zum Braumeister ausgebildet, überwachte Brauereien in Asien. Dann ging er zurück in seine Heimat Namibia. „In Deutschland sind die Leute ganz erstaunt, wenn ich auf Deutsch erzähle, dass ich aus Afrika bin und dort deutsches Bier braue“, sagt er.
Auch in Deutschland hat das Bier eine Fangemeinde
Das ist im südlichen Afrika ein Massenprodukt. In Deutschland ist Windhoek Lager eher den Bierenthusiasten bekannt. Dort bekommt man es nur über Importeure oder in der Feinkostabteilung des Berliner Edelkaufhauses KaDeWe. Neuerdings bietet die Supermarktkette Tesco es in Großbritannien an, der Bau einer Brauerei in England ist geplant. Windhoek Lager hat sich auch in Europa eine Fangemeinde erarbeitet, und das nicht nur, weil das afrikanisch-deutsche Bier ein Kuriosum ist. „Beim Bier entscheidet einzig der Geschmack über den Erfolg“, sagt Müller. Gern gibt der Mittvierziger Einblicke in seine Arbeit, führt Besuchergruppen über das Werksgelände der „Namibian Brewerie“. Die ist großer Arbeitgeber in der Region, ihre Kessel, hoch wie Silos, funkeln auf dem Werksgelände in der heißen afrikanischen Sonne.
Die Straßen ringsum heißen wie zu Kolonialzeiten noch „Solingenstraße“ und „Holsteinstraße“. Auch sonst kommt hier vieles aus Deutschland: „Den Hopfen importieren wir aus Hallertau in Bayern“, sagt Müller. Der heutigen „Tag des Deutschen Bieres“ ist für ihn ein bisschen wie ein Geburtstag, er zelebriert ihn. Am 23. April 1516 hat Herzog Wilhelm IV. das Reinheitsgebot proklamiert. „Das älteste Lebensmittelgesetz der Welt“, schwärmt Müller. „Jeder Namibier weiß, was das ist.“ Es ist ja auch auf jeder Flasche nachzulesen.
Hopfen, Hefe, Malz und Wasser
Das Datum ergibt zugleich - nach der namibischen Mobilvorwahl – Müllers Handynummer. Als Bierenthusiast spricht der Mann über Bier wie ein Sommelier über Wein. Dabei geht es hier eben nicht um feine Unterschiede. Es geht, das schärft Müller Besuchern wie Mitarbeitern ein, um präzise Gärung, Filtration, die richtige Temperatur und Mischung. Und ganz wichtig: „Hier kommt tatsächlich nur hinein: Hopfen, Hefe, Malz und Wasser. Der Geschmack und Alkoholgehalt hängt dann nur vom Brauprozess ab.“ Die Afrikaner nehmen das hier sehr genau. Streng werden die Prozesse überwacht, im Kontrollstand sitzen Brauerei-Mitarbeiter an Flachbildschirmen. Aber lieber läuft Müller durch die Hallen, wo in großen Stahltanks und durch wuchtige Rohre das Bier fließt beziehungsweise das, was dazu werden soll. In der Theorie, sagt Müller, ist alles ganz einfach: Eine große Schrotmühle mahlt Malz. Malz ist angekeimte Gerste, die in den Tanks mit Wasser vermengt wird. Das ist das sogenannte Meischen. Damit nichts schiefgeht, steht hier tatsächlich an einem der Tanks in altdeutscher Schrift: „Gott gebe Glück und Segen drein!“ Afrikanischer Aberglaube.
Dann kommt die Hefe hinzu. „Er jetzt ist es Jungbier“, sagt Müller. Malz-Feststoffe werden rausgefiltert, die sogenannte Würze wird gekocht. „Dabei entsteht der typische Brauereigeruch.“ Den roch Müller schon als Schüler, als er in Windhoek immer an der „Alten Brauerei“ in der Tal Street vorbeimusste. „Das roch so gut und das Bier schmeckte. Ich wusste: Ich will Brauer werden.“ Der Beruf ist in Namibia angesehen. Wer bei „Nambrew“ lernt, lernt zugleich auch Deutsch, muss im fernen Ulm seine Meisterprüfung ablegen.
"Die Seele des Bieres"
Und er muss, das wird jedem klar, der mit Braumeistern wie Christian Müller spricht, viel Leidenschaft haben. „Malz“, sagt Müller, „ist die Seele des Bieres, Hopfen ist das Gewürz.“ In mächtigen Sudkesseln kommt die Hefe hinzu. „Hefe ist ein Einzeller, ein Lebewesen“, erklärt er. Hefe frisst den Zucker und scheidet Alkohol aus. Der ist Geschmacksträger.
Windhoek Lager, sagt Müller, wird weniger stark gehopft als das „Urbock“, das sie hier für den milderen namibischen Winter brauen – einen halben Tank voll. „Das wärmt angenehm mit 7 Prozent“, so Müller. Windhoek Lager hingegen ist angepasst an afrikanische Hitze. Der Alkoholgehalt von vier Prozent ist verträglicher bei Sommer-Temperaturen über 40 Grad. Nach acht Stunden Durchlauf hat man Jungbier, eine Woche muss das Ganze gären in den insgesamt 80 Tanks. Temperatur und Druck sorgen für den gewünschten Geschmack. Der wurde in diesem Jahr gleich vier Mal von der DLG ausgezeichnet. Je eine Gold-Medaille gab es aus Deutschland für die Biere Windhoek Lager, Tafel Lager, Windhoek Draught und Windhoek Light. Das ist neuer Rekord für die Brauerei.
Die Brauerei expandiert international
Brauerei-Geschäftsführer Hendrik van der Westhuizen vermeldet zugleich 13 Prozent höheren Absatz für das abgelaufene Geschäftsjahr – und den Plan, die Braukapazität in Windhoek um zehn Prozent zu erweitern.
Derzeit werden rund 60 Prozent der Produktion nach Südafrika und mehr als 20 weitere Länder weltweit exportiert. Das Unternehmen ist auf internationalem Expansionskurs.
Müller zapft Flüssigkeit aus einem der zylindrischen Tanks, in denen es regelrecht brodelt. „Drei Schluck am Tag“ trinkt der Braumeister täglich während seines Dienstes. „Zur Qualitätskontrolle.“ Ein solcher Tank fasst 200 000 Liter Bier. „Herrlich, so viel Bier über sich zu haben.“ Die Tanks kommen ebenfalls aus Deutschland. „Das ist für uns Teil der Reinheitsgebot-Kultur.“ Im Wüstenstaat Namibia gilt oft: Was aus Deutschland kommt, ist Qualität. 214 Millionen Liter Bier verlassen pro Jahr die Namibia-Brauerei, teils in Fässern, teils abgefüllt in Flaschen und Dosen. Für den alljährlichen deutsch-namibischen Karneval brauen sie eigens ein Bier, das der Elferrat dann in voller Tracht in der Brauerei verkostet. Und Christian Müller spricht dann im namibischen Radio über seine neueste Kreation.
20 000 Windhoek Lager entstehen pro Stunde
Klirrend sausen die grünen Flaschen durch die Produktionslinien unter den sich drehenden Abfüller, der aussieht wie ein übergroßer Adventskranz. 20 000 fertige Windhoek Lager entstehen so pro Stunde, vier Schichten von Mitarbeitern wechseln sich ab. Nach Feierabend trifft man sich im „Felsenkeller“ auf dem Brauereigelände. Dort gibt es dann gratis frisch gezapftes Feierabend-Bier. „Prost“, ruft Müller vergnügt und stößt mit zwei schwarzen Angestellten an. Dieses Wort kennen sie hier in Namibia, bei allem Erst des Brauens nach dem Reinheitsgebot, selbstverständlich auch.
Von Sebastian Geisler
Reinheitsgebot ist das bekannteste deutsche Wort Namibias. Heute hat dieses erste Lebensmittelgesetz der Welt Geburtstag. Ausgerechnet im fernen Afrika wird das besonders zelebriert. In der einstigen Kolonie Deutsch-Südwest brauen sie danach eines der besten Biere der Welt.
Windhoek Lager, benannt nach der Landeshauptstadt. Wobei Braumeister Christian Müller – deutschstämmiger Weißafrikaner – da natürlich sofort einhakt: „Natürlich nach dem Reinheitsgebot!“, sagt er entschieden. Und von „noch“ könne wohl keine Rede sein, deutsches Bier gehöre unverrückbar zur Kultur Namibias, stellt er klar. Sein Stolz kommt nicht von ungefähr: „Windhoek Lager“ gilt als eines der besten Biere überhaupt. Die Bestätigung dafür bekommen die afrikanischen Brauer regelmäßig aus Deutschland - beim Bierwettbewerb der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG). Windhoek Lager hat dort seit 2005 bereits acht Goldmedaillen geholt. Das kann sich sehen lassen. Der gebürtige Namibier Christian Müller arbeitet daran, dass diese Serie weitergeht. Als junger Mann wurde er in Deutschland zum Braumeister ausgebildet, überwachte Brauereien in Asien. Dann ging er zurück in seine Heimat Namibia. „In Deutschland sind die Leute ganz erstaunt, wenn ich auf Deutsch erzähle, dass ich aus Afrika bin und dort deutsches Bier braue“, sagt er.
Auch in Deutschland hat das Bier eine Fangemeinde
Das ist im südlichen Afrika ein Massenprodukt. In Deutschland ist Windhoek Lager eher den Bierenthusiasten bekannt. Dort bekommt man es nur über Importeure oder in der Feinkostabteilung des Berliner Edelkaufhauses KaDeWe. Neuerdings bietet die Supermarktkette Tesco es in Großbritannien an, der Bau einer Brauerei in England ist geplant. Windhoek Lager hat sich auch in Europa eine Fangemeinde erarbeitet, und das nicht nur, weil das afrikanisch-deutsche Bier ein Kuriosum ist. „Beim Bier entscheidet einzig der Geschmack über den Erfolg“, sagt Müller. Gern gibt der Mittvierziger Einblicke in seine Arbeit, führt Besuchergruppen über das Werksgelände der „Namibian Brewerie“. Die ist großer Arbeitgeber in der Region, ihre Kessel, hoch wie Silos, funkeln auf dem Werksgelände in der heißen afrikanischen Sonne.
Die Straßen ringsum heißen wie zu Kolonialzeiten noch „Solingenstraße“ und „Holsteinstraße“. Auch sonst kommt hier vieles aus Deutschland: „Den Hopfen importieren wir aus Hallertau in Bayern“, sagt Müller. Der heutigen „Tag des Deutschen Bieres“ ist für ihn ein bisschen wie ein Geburtstag, er zelebriert ihn. Am 23. April 1516 hat Herzog Wilhelm IV. das Reinheitsgebot proklamiert. „Das älteste Lebensmittelgesetz der Welt“, schwärmt Müller. „Jeder Namibier weiß, was das ist.“ Es ist ja auch auf jeder Flasche nachzulesen.
Hopfen, Hefe, Malz und Wasser
Das Datum ergibt zugleich - nach der namibischen Mobilvorwahl – Müllers Handynummer. Als Bierenthusiast spricht der Mann über Bier wie ein Sommelier über Wein. Dabei geht es hier eben nicht um feine Unterschiede. Es geht, das schärft Müller Besuchern wie Mitarbeitern ein, um präzise Gärung, Filtration, die richtige Temperatur und Mischung. Und ganz wichtig: „Hier kommt tatsächlich nur hinein: Hopfen, Hefe, Malz und Wasser. Der Geschmack und Alkoholgehalt hängt dann nur vom Brauprozess ab.“ Die Afrikaner nehmen das hier sehr genau. Streng werden die Prozesse überwacht, im Kontrollstand sitzen Brauerei-Mitarbeiter an Flachbildschirmen. Aber lieber läuft Müller durch die Hallen, wo in großen Stahltanks und durch wuchtige Rohre das Bier fließt beziehungsweise das, was dazu werden soll. In der Theorie, sagt Müller, ist alles ganz einfach: Eine große Schrotmühle mahlt Malz. Malz ist angekeimte Gerste, die in den Tanks mit Wasser vermengt wird. Das ist das sogenannte Meischen. Damit nichts schiefgeht, steht hier tatsächlich an einem der Tanks in altdeutscher Schrift: „Gott gebe Glück und Segen drein!“ Afrikanischer Aberglaube.
Dann kommt die Hefe hinzu. „Er jetzt ist es Jungbier“, sagt Müller. Malz-Feststoffe werden rausgefiltert, die sogenannte Würze wird gekocht. „Dabei entsteht der typische Brauereigeruch.“ Den roch Müller schon als Schüler, als er in Windhoek immer an der „Alten Brauerei“ in der Tal Street vorbeimusste. „Das roch so gut und das Bier schmeckte. Ich wusste: Ich will Brauer werden.“ Der Beruf ist in Namibia angesehen. Wer bei „Nambrew“ lernt, lernt zugleich auch Deutsch, muss im fernen Ulm seine Meisterprüfung ablegen.
"Die Seele des Bieres"
Und er muss, das wird jedem klar, der mit Braumeistern wie Christian Müller spricht, viel Leidenschaft haben. „Malz“, sagt Müller, „ist die Seele des Bieres, Hopfen ist das Gewürz.“ In mächtigen Sudkesseln kommt die Hefe hinzu. „Hefe ist ein Einzeller, ein Lebewesen“, erklärt er. Hefe frisst den Zucker und scheidet Alkohol aus. Der ist Geschmacksträger.
Windhoek Lager, sagt Müller, wird weniger stark gehopft als das „Urbock“, das sie hier für den milderen namibischen Winter brauen – einen halben Tank voll. „Das wärmt angenehm mit 7 Prozent“, so Müller. Windhoek Lager hingegen ist angepasst an afrikanische Hitze. Der Alkoholgehalt von vier Prozent ist verträglicher bei Sommer-Temperaturen über 40 Grad. Nach acht Stunden Durchlauf hat man Jungbier, eine Woche muss das Ganze gären in den insgesamt 80 Tanks. Temperatur und Druck sorgen für den gewünschten Geschmack. Der wurde in diesem Jahr gleich vier Mal von der DLG ausgezeichnet. Je eine Gold-Medaille gab es aus Deutschland für die Biere Windhoek Lager, Tafel Lager, Windhoek Draught und Windhoek Light. Das ist neuer Rekord für die Brauerei.
Die Brauerei expandiert international
Brauerei-Geschäftsführer Hendrik van der Westhuizen vermeldet zugleich 13 Prozent höheren Absatz für das abgelaufene Geschäftsjahr – und den Plan, die Braukapazität in Windhoek um zehn Prozent zu erweitern.
Derzeit werden rund 60 Prozent der Produktion nach Südafrika und mehr als 20 weitere Länder weltweit exportiert. Das Unternehmen ist auf internationalem Expansionskurs.
Müller zapft Flüssigkeit aus einem der zylindrischen Tanks, in denen es regelrecht brodelt. „Drei Schluck am Tag“ trinkt der Braumeister täglich während seines Dienstes. „Zur Qualitätskontrolle.“ Ein solcher Tank fasst 200 000 Liter Bier. „Herrlich, so viel Bier über sich zu haben.“ Die Tanks kommen ebenfalls aus Deutschland. „Das ist für uns Teil der Reinheitsgebot-Kultur.“ Im Wüstenstaat Namibia gilt oft: Was aus Deutschland kommt, ist Qualität. 214 Millionen Liter Bier verlassen pro Jahr die Namibia-Brauerei, teils in Fässern, teils abgefüllt in Flaschen und Dosen. Für den alljährlichen deutsch-namibischen Karneval brauen sie eigens ein Bier, das der Elferrat dann in voller Tracht in der Brauerei verkostet. Und Christian Müller spricht dann im namibischen Radio über seine neueste Kreation.
20 000 Windhoek Lager entstehen pro Stunde
Klirrend sausen die grünen Flaschen durch die Produktionslinien unter den sich drehenden Abfüller, der aussieht wie ein übergroßer Adventskranz. 20 000 fertige Windhoek Lager entstehen so pro Stunde, vier Schichten von Mitarbeitern wechseln sich ab. Nach Feierabend trifft man sich im „Felsenkeller“ auf dem Brauereigelände. Dort gibt es dann gratis frisch gezapftes Feierabend-Bier. „Prost“, ruft Müller vergnügt und stößt mit zwei schwarzen Angestellten an. Dieses Wort kennen sie hier in Namibia, bei allem Erst des Brauens nach dem Reinheitsgebot, selbstverständlich auch.