"Das Ding ist ein Türstopper. Und ein Türöffner." Ees über seinen Music Award "Best Kwaito Artist"

Zur Zeit ist Ees mit dem Preis unterwegs von Radiosender zu Radiosender in Namibia, wuchtet ihn von Studio zu Studio, bedankt sich bei seinen Fans. "Das Ding ist ein Türstopper", sagt er. "Aber es wird auch ein Türöffner sein. 2013 wird das Jahr!" Als "bester Kwaito Artist" des Kontinents im Jahr 2012 will er nun den Durchbruch in Deutschland schaffen. "Wenn Gangnamstyle hier Erfolg hat, kann das auch mit Kwaito gelingen", ist er sich sicher. Dafür will Ees seine Musik on air bekommen und in die Playlisten der Sender. "Das geht nur, wenn du so einen Preis hast", sagt er. "Wenn die sehen: Das is serious." Bei solchen Ausdrücken merkt man Ees seine namibische Herkunft an, er spricht den sogenannten "Nam-Slang", eine Mischung aus Deutsch, Englisch, Afrikaans und Stammessprachen, mit vielen seltsamen Begriffen, die ein Bundesdeutscher nicht versteht. "Orreit, ich kann dir das bikkie erklären", sagt er dann. Für Namslang, nach der einstigen Kolonie Deutsch-Südwest auch "Südwesterdeutsch" genannt, hat er inzwischen sogar zwei Wörterbücher herausgegeben, er nennt sie "Dikschenärries". Bundesdeutsche, die den Slang lernen wollen, können auf Ees' Homepage online ein "Diplom" ablegen.
Dass Ees Köln zu seiner Wahlheimat gemacht hat, ist übrigens kein Zufall. "Hier sind die Menschen am offensten in Deutschland", sagt er. Er wohnt direkt am Rhein. "Als Namibier brauchst Du die Natur", sagt er. "Wenn ich mal Ruhe brauche, gehe am Rhein spazieren. Das fließende Wasser, das hat schon was Beruhigendes."
Die Fußball-WM machte Ees bekannt in Deutschland
Doch solche Pausen sind selten. Die Energie, die seine Musik ausmacht, strahlt Ees auch selber aus. Er wirkt stets aufgeweckt und hellwach, spricht wie ein Wasserfall, wenn er seine Musik erklären soll. Er raucht nicht und trinkt keinen Alkohol, legt Wert auf seine Fitness und arbeitet wie besessen an seinen Projekten. Er hat sogar eine eigene Modekollektion aufgelegt, im Internet kann man "Ees"-Chucks in rot-grün-blauer Namibia-Optik bestellen, er kooperiert mit dem namibischen Energydrink "Wuma". In Deutschland gelang es Ees, 2010 bei der Fußball-WM in Südafrika die Aufmerksamkeit für den Kontinent in Deutschland zu nutzen. Für "Bild.de" präsentierte er seine Heimat in "WM-Road-Trip"-Videos, schrieb den "offiziellen WM-Song" für das große Onlineportal der "Bild"-Zeitung, "Again 'N Again". Afrikanische Klänge waren plötzlich sehr gefragt, auch in der Werbung. Ees komponierte einen Titel für den Werbespot eines deutschen Stromanbieters, kochte in der Fernsehsendung "Das perfekte Dinner" und gewann mit einem Kumpel im ZDF-Quiz "Rette die Million" 275.000 Euro.
"Inzwischen gibt es Fans, die gezielt auf die Festivals kommen, wo ich auftrete", sagt Ees. "Früher glaubten mir viele nicht, dass ich tatsächlich Afrikaner bin, wenn ich mit der Namibiaflagge auf die Bühne gestürmt bin." Andersrum wirkte er auf manche Schwarze in seiner Heimat suspekt, als er sich erstmals ihrer Musik bemächtigte. Doch das ist längst Vergangenheit. Ein Ritterschlag in seiner Heimat war es, als Ees mit dem südafrikanischen Kwaito-Superstar Mandoza den Titel "Ayoba" aufnahm. Plötzlich kann man Ees damit auch in Südafrikas Metropolen wie Kapstadt und Johannesburg. In Deutschland gibt es mitunter noch Missverständnisse. Nein, sagt Ees, im Musikvideo "Bismarck", in
dem er mit zwei schwarzen Musikern singend und groovend durch ein Township in Namibias Küstenstadt Swakopmund zieht, geht es nicht um Kolonialvergangenheit oder Geschichtsverarbeitung, sondern "das ist der Name eines Einheimischen".
Erfolg in der Schwarzendomäne
Künstlerkollege Mandoza war übrigens der erste Schwarze, dem es mit seinem Superhit "Nkalakatha" im Post-Apartheids-Südafrika gelang, auch auf "weißen" Radiostationen zu laufen. Ees macht es nun andersrum, ist der erste Weiße, der in dieser Schwarzendomäne großen Erfolg hat, als Weißer diese schwarze Musik vertritt. Das hat in Namibia, einst Kolonie und Apartheitsstaat, auch eine politische Dimension, steht für eine neue gesamtnamibische, multikulturelle Identität in dem jungen Staat. Das ist insofern nicht nur eine musikalische, sondern auch eine gesellschaftliche Erfolgsgeschichte. Dass viele Menschen in seiner Heimat, schwarz und weiß, sich von Ees' Kwaito-Begeisterung anstecken lassen, ohne das als politisches Bekenntnis zu verstehen, ist daher vielleicht der größte Verdienst des weißen schwarzafrikanischen Musikers. Und in Deutschland ist Kwaito einfach nur: eine kraftvolle, belebende, neue Musik. Irgendwie mit Sonne drin.
Ees 2009 bei den MTV Africa Music Awards
Ees im Interview bei Hitradio Namibia, Teil 1
Es im Interview bei Hitradio Namibia, Teil 2
Ees' offizielle Homepage.
Hier kann man das Ees-Album "Da gehn wir" komplett gratis als mp3s herunterladen.