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Gefährlich, laut, billig: Mit dem Taxi durch Windhoek 

18/4/2007

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Es ist billig, aber nicht ganz so einfach: Manchmal steht man minutenlang am staubigen Straßenrand und winkt eilig Taxis zu, die aber alle schon voll sind, oder man geht nichtsahnend seines Weges und wird plötzlich von einem laut hupenden Wagen zu Tode erschreckt. Dann nämlich wollen sie einen mitnehmen. Aber manchmal hat man auch Glück und kaum, dass man an die Straße getreten ist, braust ein Taxi heran. Vielleicht hupt es oder blendet kurz auf, der Fahrer starrt angestrengt aus dem Fenster und über Blickkontakt und Winken suggiert man Interesse an einer Mitfahrt. Dann hält das Taxi schwungvoll auf dem sandigen Gehweg und man beugt sich durch das meist offene Beifahrerfenster in den Wagen. „To Bismarckstreet?“, fragt man dann. „Okay“, sagt der Fahrer. Erst müsse er aber noch nach Hochlandpark, meint er und nickt in Richtung der zwei Schwarzen, die schon auf der Rückbank sitzen. Oft fahren bis zu sechs Menschen gedrängt in den Autos – die Fahrer überfüllen ihr Taxi hemmungslos. Dafür kommt man für 13 Namibia-Dollar durch halb Windhoek. Man schwingt sich also in den Fond, im Auto wummern Rave- oder Hiphop-Rhythmen. Die Fahrer haben ihre Wagen ordentlich aufgemotzt: Nicht selten sind die Sitze mit Kunst-Leopardenfell bezogen oder die Fußräume mit funkelndem Aluminiumblech ausgeschlagen. Das modernste am ganzen Taxi ist in jedem Fall das Radio. 

„Taxi“ ist ohnehin zuviel gesagt. Es sind schrabbelige Toyotas und VWs, die ihre besten Jahre lang hinter sich haben. Die Taxifahrer im südlichen Afrika halten ihre Fahrzeuge mit Kaugummi und Willenskraft zusammen, erzählt man sich. 


In Flip Flops hinterm Steuer 

Beulen und Schrammen am Wagen zeugen denn auch von der Eile des Fahrers, der vor allem eines will: Schnell ans Ziel kommen. Denn Taxameter gibt es freilich nicht in den Autos, deren einziger offizieller Funken oft in einem irgendwo angepappten gelben Taxischild besteht. Registriert sind häufig weder Taxis noch Fahrer, aber manche haben immerhin ihren Führerschein in einer kleinen Klarsichthülle auf die Mittelkonsole gehängt oder den Standort ihrer Zentrale in schwarzen Lettern auf das Auto geheftet. 

Wenn der Wagen losfährt, sollte man den Fahrpreis besser schon ausgehandelt haben: Erkennt der Fahrer nämlich, dass man offenbar Tourist ist und neu in Windhoek, dann wird er einen in Sachen Fahrpreis erbarmunglos über den Tisch ziehen. Unwissenheit kann einem auch in anderer Hinsicht zum Verhängnis werden: Oft kennen die Fahrer selber den Weg zum gewünschten Zielort nicht oder haben keine Ahnung, was gemeint sein könnte, wenn man ihnen eine Straße nennt. Da ist zum Beispiel David, ein Schwarzer Ende Dreißig, in kurzer Hose und Flip-Flops lenkt er lässig seinen Wagen. Freimütig bekennt er: „Die Straßennamen merke ich mir gar nicht erst.“ Warum das nicht? „Viel zu kompliziert!“ Er kennt auch ein Beispiel: „Stork Street“, sagt er triumphierend – und meint die „Storchstraße“ in Windhoek-West. Aber welcher oshiwambosprachige Namibier könne das schon aussprechen. Er orientiere sich an anderen Dingen: Einkaufszentren, Bottles Stores. Wenn man ihm sage: „Zum ‚Schnaps Platz’ bitte“, dann wisse er sofort bescheid. Und die zentralen Straßennamen kenne er auch. Aber auf schnellstem Wege ans Ziel kommen und dabei noch touristisch wertvolle Informationen erhalten, das kann der Fahrgast hier vergessen. Stattdessen muss er selber den Stadtplan rausholen, wenn der Fahrer nicht weiter weiß. Der rast schließlich eilig durch den Windhoeker Stadtverkehr und hupt hier und da, wenn er einen Fußgänger am Straßenrand sieht, der sich eventuell noch in das Taxi quetschen könnte. 


Einen Euro für die Kurzstrecke 
Manchmal zahlt man weniger als einen Euro für die Fahrt, manchmal anderthalb. Das ist verlockend. Dennoch: Als Windhoek-Besucher mit dem Gepäck und der Kameraausrüstung in so ein Taxi steigen? Bloß nicht! Wer seine Habseligkeiten bei einer Fahrt zum nächsten Einkaufszentrum eng am Körper trägt, der wird sie behalten können. Nachts sieht es da schon anders aus: Immer wieder gibt es Vorfälle, bei denen vor allem Touristen nachts im Taxi ausgeraubt werden. Zum Beispiel an der Ampel: Jemand reißt von außen die Tür auf, und weg ist die Handtasche – So schnell kann’s gehen. Da ruft man abends auf dem Weg zum Restaurant doch besser telefonisch ein registriertes - und teures - Taxi. Vor allem für viele schwarze Namibier allerdings sind die Taxis ohne Lizenz und mit vielen Schrammen aber der einzige Weg, zu und von der Arbeit zu kommen. Denn in Windhoek gibt es so gut wie keinen öffentlichen Nahverkehr. Zwar fahren ein paar Busse, aber unregelmäßig und bei weitem nicht im ganzen Stadtgebiet. Da nimmt man dann besser gleich ein Taxi, direkt am staubigen Straßenrand. Einmal Winken genügt – wenn man Glück hat. 










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    Autor

    Journalist Sebastian Geisler lebte 2007 in Namibia, wo er  bei der Namibian Broadcasting Corporation (nbc) in Windhoek für den staatlichen Rundfunk moderierte. Auf diese Weise bekam er Einblicke in namibisches Alltagsleben, politische Entwicklungen, aktuelle Probleme, Herausforderungen und Erfolge. Außerdem erlebte er die beeindruckende Natur, Tierwelt und lernte die herzlichen Menschen in Namibia kennen. 

    Über all das schreibt er seitdem, zunächst auf "blog.zeit.de/namibia" für "ZEIT online" und jetzt hier bei "Spuren im Sand", auf namibiablog.net



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