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Namibia-Tour Teil I  - Das Schlagloch

25/3/2013

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Um es gleich vorweg zu sagen: Von diesem Zwischenfall gibt es kein Foto. Wir hatten andere Sorgen, als eines von diesem erheblichen Malheur zu machen. Es ist ja schon gesagt worden: ein geplatzter Reifen ist Standard bei einer Rundreise im Auto durch Namibia, es empfiehlt sich daher, einen Ersatzreifen dabei zu haben. Die Frage ist weniger: Passiert es? - sondern: Wann passiert es? 

Bei uns zum Glück sehr früh. Wir hatten gegen Mittag Windhoek verlassen und waren vielleicht zweieinhalb Stunden unterwegs Richtung Norden auf der für gewöhnlich sehr guten Teerstraße B1, als ich - leider mit überhöhter Geschwindigkeit - ein Schlagloch auf uns zukommen sah. Es empfiehlt sich sehr, sich peinlich genau an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten oder diese zu unterbieten. Immerhin sind auf der B1 häufig 120 Stundenkilometer erlaubt, ein Tempolimit, das es in Deutschland auf einer Landstraße ohne Leitplanken und mit Gegenverkehr niemals gegen würde. Trotz erheblichen Runterbremsens: Zack!, ein heftiger Schlag und ein Knall, als ob die Achse gebrochen wären, sofort ein ungutes Plattern des linken Vorderreifens, die Radkappe fliegt wie ein Geschoss irgendwo in den Busch, weit weg. Das hätte auch tödlich ausgehen können! 


Die Luft entweicht zischend 

Zwangspause. Ich steige aus, prüfe den Reifen. Die Felge ist beschädigt, das Rad hat eine Unwucht, das Zischen der entweichenden Luft ist zu hören. Ein riesen Problem, irgendwo zwischen Windhoek und Otjiwarongo. Zum Glück!, muss man sagen. Zum einen hätte eine hektische Lenkbewegung hier zum Überschlag und Tod führen können, zum anderen sollte sich herausstellen: in Otjiwarongo gibt es eine Niederlassung unseres Vermieters Avis. Wir rufen also Avis an und werden dorthin durchgestellt, während wir mit maximal Tempo 60 die Fahrt fortsetzen. Das scheint möglich, obwohl der Wagen erheblich nach links zieht. Muss man erwähnen, dass starker Regen mit münzgroßen Tropfen eingesetzt hatte? Stehen bleiben möchten wir nicht, irgendwo an der B1, die Gefahr von Überfällen ist allgegenwärtig. 

Nach weiteren Stunden erreichen wir Otjiwarongo, es ist ein Kampf gegen die Zeit - die Luft entweicht stetig. Großes Glück: die Autovermietung hat zwei baugleiche Modelle unseres VW Polo Vivo auf dem Hof. Es stellte sich übrigens heraus, dass wir bei der Anmietung in Windhoek, sagen wir, nicht gut beraten wurden: trotz mehrfacher Bitte, dass wir alles, alles wirklich alles an dem Wagen rundrum absichern wollen, waren im Kleingedruckten ausgerechnet Schäden an Reifen und Windschutzscheibe ausgenommen. Darauf muss man also noch sehr viel expliziter bestehen. 

Die Tanknadel hat sich nicht bewegt 

Egal. Wir erledigen den Papierkram, laden unsere Sachen um - und weisen Annelie von der Autovermietung noch darauf hin, dass unseres Erachtens die Tankanzeige des Polo defekt sei. Trotz stundenlanger Fahrt war sie keinen Millimeter abgesunken. "This is a very fuel-efficient car", sagt Annelie, die übrigens niedliches Afrikaans spricht. Das habe so seine Richtigkeit. Eine Szene wie aus einem Volkswagen-Werbespot. Auch fürderhin werden wir dem Wagen noch einiges abverlangen...

Nun das nächste große Problem: die Reifenpanne und der Zwangsstopp in Otjiwarongo haben uns kostbare Zeit gekostet. Jetzt beginnt ein Wettlauf. Wir müssen bis Sonnenuntergang das Eingangstor zur Etoschapfanne erreicht haben. Das nämlich wird dann geschlossen, ungefähr um 19.30 Uhr im Januar. Die Sonne sinkt rasch in Namibia. 

Wir telefonieren mit unserem Freund Jens in Windhoek: Kann man das schaffen? Er ist skeptisch. Das Navigationsgerät auch. Münzgroße Tropfen fallen auf den sandigen afrikanischen Boden, der Regen macht die Straße nass und rutschig. Wir versuchen, telefonisch eine Unterkunft auf halber Strecke zu organisieren. Gegen 18.30 Uhr erreichen wir Outjo. Dort gibt es eine deutsche Bäckerei mit hervorragendem deutschen Backwerk und Internetcafé. 

Das nur am Rande, wir fahren eilig weiter. Outjo nennt sich selbst - aber was heißt das schon in einem Land der Größe Namibias - "the gateway to Etosha". Was im Zweifel nur heißt: Vorher kommt nichts Nennenswertes mehr. 

Die Weiterfahrt nach Etoscha wird zum gefährlichen Wettlauf gegen die Zeit 


Wir wagen es und fahren weiter. Das ist gefährlich: Nur selten begegnet uns ein anderes Auto, hier oben im Norden haben wir irgendwann auch keinerlei Handynetz mehr. Im Falle eines Unfalls würde uns wohl lange niemand zur Hilfe kommen können. Plötzlich steht ein Esel mitten auf der Straße und wir müssen hart bremsen. Bei Dunkelheit wäre das ein Crash gewesen. Weiter geht's, immer weiter. Die Sonne steht schon tief, die Möglichkeit, noch umzukehren, schwindet mit jedem Kilometer. Dieses Unterfangen muss also jetzt gelingen. Links und rechts der Straße diese unglaublichen Weiten, wir sind hier sehr auf uns allein gestellt. Die Sonne sinkt so schnell, dass wir nervös werden, das Navigationsgerät zeigt: Ankunft im "Rhino Drive" in Etoscha um 20.45 Uhr. Sonnenuntergang um 19.30 Uhr. 

Gibt es abgesehen von der Straße hier eigentlich jegliche Spuren der Zivilisation? Ja, der Zaun rechts von der Straße, der sich scheinbar ewig hinzieht. Und dann: plötzlich vor uns diese Aufbauten über der Straße. Das Tor! "Das ist es", rufe ich sehr erleichtert. So kann es gehen in Namibia: Noch anderthalb Kilometer und plötzlich sind da doch wieder andere Menschen. "You are late, nah", sagt die Wärterin, die hier auf einem Plastikstuhl in einem Häuschen sitzt. Sie teilt unsere Freude, dass wir es doch noch geschafft haben. Wir reichen unsere Papiere rüber, zahlen den Eintritt - sie öffnet die Schranke und gibt freie Fahrt. Noch mit dem Hinweis, dass sie ja jetzt Feierabend hat und gleich zumachen wird und ja, genau, dann kommt hier niemand mehr hinein, dann schläft man eben im Auto vor dem Tor. 

Auch im Camp Okakuejo freut man sich, dass wir es doch tatsächlich noch geschafft haben  -die letzten Gäste an diesem Tag. Darauf erst mal ein Windhoek Lager. Selten war dieser verspätete Sundowner so eine Wohltat. 

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    Autor

    Journalist Sebastian Geisler lebte 2007 in Namibia, wo er  bei der Namibian Broadcasting Corporation (nbc) in Windhoek für den staatlichen Rundfunk moderierte. Auf diese Weise bekam er Einblicke in namibisches Alltagsleben, politische Entwicklungen, aktuelle Probleme, Herausforderungen und Erfolge. Außerdem erlebte er die beeindruckende Natur, Tierwelt und lernte die herzlichen Menschen in Namibia kennen. 

    Über all das schreibt er seitdem, zunächst auf "blog.zeit.de/namibia" für "ZEIT online" und jetzt hier bei "Spuren im Sand", auf namibiablog.net



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