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Namibias Hafenstadt Lüderitz wird umbenannt

9/8/2013

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Namibias Küstenstadt Lüderitz wird umbenannt
Küstenstadt in Namibia mit deutschen Wurzeln: Lüderitz wird umbenannt - in "Naminüs". Foto: Sebastian Geisler
Von Sebastian Geisler 

Paukenschlag in Namibia: Die Küstenstadt Lüderitz verliert ihren deutschen Namen, auch der Caprivi-Zipfel wird umbenannt. Das hat Präsident Hifikepunye Pohamba am 8. August völlig überraschend bekannt gegeben. Die Änderungen sollen bereits am heutigen 9. August im Amtsblatt veröffentlicht werden und somit sofort in Kraft treten. Für Namibia ist das eine radikale Kehrtwende in der Politik zur Benennung geografischer Ortsnamen. Bisher galt als ausgemacht, dass die bestehenden Städtenamen - egal welchen Ursprungs - als gesamtnamibisches Erbe Bestand haben. Das schloss ausdrücklich auch Ortsnamen aus dem Deutschen mit ein. Nun die Abkehr von dieser Politik. Quasi im Alleingang - begleitet einzig von der namibischen Grenzziehungskommission - hat Präsident Pohamba die Umbenennungen verfügt. 

Das kommt vor allem deswegen so überraschend, weil es im Vorfeld keinerlei politische oder zivilgesellschaftliche Debatte - oder überhaupt Forderungen - nach Umbenennungen gegeben hatte. Pohamba sieht darin einen Schritt, koloniales Erbe abzulegen. Das mag aus europäischer Sicht zunächst einleuchtend klingen. Umso erstaunlicher aber ist, dass es in den betroffenen Orten unter der weit mehrheitlich schwarzen Bevölkerung eine in ersten Reaktionen offenbar mehrheitlich ablehnende Haltung gegen diese Umbenennungen gibt. 


Der Name erinnert an die Stadt - nicht an den Kolonialherren


Zwar heißt Lüderitz nach dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz, der mit dem Erwerb von Land in der späteren Lüderitzbucht an der Westküste Namibias den Grundstein für die deutsche Inbesitznahme Südwestafrikas legt, aber in Namibia störte sich daran bisher kaum jemand. Der Name wird längst einzig mit der Stadt assoziiert, der koloniale Ursprung scheint dabei kaum noch eine Rolle zu spielen. Die Menschen in Lüderitz nennen sich in sämtlichen Sprachen "Buchter", nach der Lüderitzbucht. Dieses Selbstverständnis wird nun von Namibias Regierung angegriffen. Das verursacht Ablehnung und emotionale Reaktionen - obwohl es in Lüderitz selbst nur noch eine Handvoll deutschsprachiger Familien gibt. 


Spannung zwischen Regierung und Zivilgesellschaft 

Es handelt sich also nicht um eine Auseinandersetzung entlang ethnischer Gruppen, sondern um eine Spannung zwischen Regierung und Zivilgesellschaft insgesamt, die nun zutage tritt. Lüderitz soll ab sofort den Namen 
 "!Namiǂnûs"  (auch "Naminüs") tragen. Angeblich handelt es sich dabei um den "ursprünglichen" Namen des Ortes, was mehr als zweifelhaft erscheint. Vor der Gründung des Ortes Lüderitz ist keine Besiedelung der unwirtlichen Gegend an Namibias Südwestküste bekannt (während es im Falle anderer namibischer Ortsnamen durchaus auch indigene Namen gibt). 

Problematisch scheint die Umbenennung von Lüderitz auch, weil der Ort vor allem mit seinem historischen Erbe Touristen anzieht. Der Ort, der auf dem Landweg nur mühsam zu erreichen ist, stellte mit seiner kolonialen Architektur, deutschen Straßennamen und dem deutschen Namen eine Kuriosität zwischen Wüste und rauem Atlantik dar. Aus diesem Grund hatte die Stadtverwaltung die deutschen Straßennamen (wie Bahnhofstraße oder Bismarckstraße) bewusst beibehalten - anders als viele andere Städte Namibias, in denen vor allem größere Hauptstraßen längst nach namibischen Politikern heißen. 


"Caprivi" muss gehen

Auch die Caprivi-Region erhält einen neuen Namen. "Caprivi" klingt zwar eher nach einer exotischen Frucht als nach einem deutschen Reichskanzler (Leo von Caprivi), aber der Name missfiel Pohamba ob dieses Ursprungs. Die Region soll ab sofort Zambesi oder Sambesi heißen. 

Das könnte wiederum einen ethnischen Konflikt befördern. Allerdings keinen zwischen Schwarzen und Weißen, denn Weiße gibt es kaum im Caprivi-Zipfel. Vielmehr war der Name "Caprivi" identitätsstiftend für die abgelegene Region im äußersten Nordosten Namibias. Die diversen ethnischen Gruppen, die in der Region leben, verstehen sich trotz ihrer unterschiedlichen Identitäten als "Caprivier". 

Seit der Unabhängigkeit Namibias strebt eine Untergrundorganisation von Separatisten danach, die Region von Namibia abzuspalten. Auch eine von der namibischen Regierung verfolgte Partei strebt nach der Abspaltung. Die Partei "Caprivi Freedom" wollte einen eigenständigen Staat errichten in den Grenzen des Gebietes, das unter Reichskanzler Leo von Caprivi im Zuge eines Tauschs gegen die Inseln Sansibar und Helgoland von der einstigen Kolonialmacht Großbritannien dem damaligen Deutsch-Südwest übergeben worden war. 2002 erklärte die Volksgruppe der Itengese einseitig die Unabhängigeit von Namibia. Ihr neuer Staat "Free State of Caprivi" (Freistaat Caprivi), der den Namen eines einstigen deutschen Reichskanzlers tragen sollte, wurde international nicht anerkannt. 

1 Comment
Sven
3/10/2013 04:09:20 pm

Ich hier in Deutschland von verschiedenen Veränderungen deutscher hier undbedeutende Namen aus dem Radio "Hitradio Namibia" gehört. Für uns stellt sich hier die Frage, ob es sich hier um die Notwendigkeit längst überfälliger Massnahmen handelt. Oder Deutsche in Namibia nicht gerne gesehen werden. Bisher galt Namibia hier immer als Traumland nummer eins. Und als leider meist unerreichbares Land zum Leben. Das namibische Radio wird hier ind Deutschland sehr geliebt, und ist über Internetfähige Radiogeräte in vielen deuschen Wohnzimmer..... und läd zum träumen ein.


liebe Grüße aus dem kalten Herbst in Deutschland

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    Autor

    Journalist Sebastian Geisler lebte 2007 in Namibia, wo er  bei der Namibian Broadcasting Corporation (nbc) in Windhoek für den staatlichen Rundfunk moderierte. Auf diese Weise bekam er Einblicke in namibisches Alltagsleben, politische Entwicklungen, aktuelle Probleme, Herausforderungen und Erfolge. Außerdem erlebte er die beeindruckende Natur, Tierwelt und lernte die herzlichen Menschen in Namibia kennen. 

    Über all das schreibt er seitdem, zunächst auf "blog.zeit.de/namibia" für "ZEIT online" und jetzt hier bei "Spuren im Sand", auf namibiablog.net



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