
Windhoek ist geruhsam. Wer bei Hauptstädten im südlichen Afrika an rappeliges Großstadtgetöse, Dieselgeruch und Basarfeeling denkt, liegt damit im Fall von Windhoek völlig falsch: Hier fügen sich moderne Zweckbauten an koloniale Fachwerkhäuser, hier verbindet sich der provinzielle Charme deutscher Einkaufsstraßen mit der sengenden Sonne Afrikas. Die Stadtteile tragen Namen wie Eros, Auasblick, Hochlandpark, Kleine Kuppe und Klein-Windhoek. Die Vororte liegen ein Stück außerhalb, aber innerhalb jener natürlichen Grenzen, die die weithin sichtbare Hügellandschaft rund um die Stadt darstellt. Es gibt eine Prachtstraße, die sich aber recht bescheiden ausnimmt: Es ist die Independence Avenue, die ehemalige Kaiserstraße.
Hier dominieren neben mehreren modernen Hochhäusern das Kolonialensemble rund um das Erkrath-Gebäude mit dem Restaurant „Gathemann“ – ein Stück deutsche -Architektur im südwestlichen Afrika. Nur wenige Meter weiter findet sich das Restaurant „Zum Wirt“, außerdem der „Tower“, ein deutscher Uhrenturm, der in einer afrikanischen Großstadt, die auf eine sonderbare Weise an so mancher Ecke wilhelminisch-deutsch daherkommt, präzise die Zeit anzeigt. Inzwischen beherbergt der „Tower“ aber auch die Werbung der „First National Bank“ – Deutsche Hinterlassenschaften sind mit afrikanischer Gegenwart zu einem modernen Namibia verschmolzen, Kaiser-Wilhelm-Architektur mit zeitgenössischen Shopping-Malls. Es ist genau diese Ausstrahlung, die Windhoek ausmacht.
Und dann ist da dieses Schild, gleich neben dem Stadtpark, das den Weg zu „Reiterdenkmal“ und „Christuskirche“ anzeigt, direkt daneben bieten schwarze Männer und Frauen auf Decken Holzgiraffen und Schnitzereien aller Art an. Wendet man hier den Blick nach links, sieht man sie throhnen, so wahrhaftig wie überraschend: die Christuskirche.
Es ist eine schmucke deutsche Kleinstadtkirche oberhalb des Zentrums von Windhoek, gegenüber steht der „Südwester Reiter“, eine Bronzestatue, die den berittenen General Lettow-Vorbeck darstellt, einen bedeutenden Mann in der Geschichte von „Deutsch-Südwest“. Wenn über diesem Panorama noch die Glocken laueten, dann könnte man fast vergessen, dass man in Afrika ist.